Was regelt der Ausbildungsvertrag?

Kategorie: Stories, Ausbildung

Ihr habt als Azubi einige Pflichten, aber natürlich auch viele Rechte. Damit die gewahrt werden, gibt es den Ausbildungsvertrag. Aber was steht da eigentlich drin? Hier kommt eine Übersicht über die wichtigsten Inhalte eines Ausbildungsvertrages. Wir haben versucht, kurz und klar zu sein. Also, holt tief Luft:

Ausbildungsvertrag

Was muss vor der Ausbildung erledigt werden? Ein unterzeichneter Ausbildungsvertrag gehört dazu. (Foto: Viktor Hanacek, picjumbo, CC0)

Ausbildungsvertrag: Inhalt, Rechte und Pflichten

Wir beziehen uns hier auf die betriebliche duale Ausbildung. Die ist im Berufsbildungsgesetz geregelt. (Mehr über das BBiG hier.) Der Vertrag zwischen dem Ausbildungsbetrieb und dem Auszubildenden regelt die Rahmenbedingungen der Ausbildung und wird in einem Verzeichnis der zuständigen Stelle (IHK) eingetragen. Als Azubi seid ihr quasi ein Mitarbeiter mit Sonderstatus – und habt ganz spezielle Rechte und Pflichten.

Wie kommt der Ausbildungsvertrag zustande?

Der Vertrag wird von euch und einem zuständigen Vertreter des Ausbildungsbetriebs geschlossen werden –bevor die Ausbildung beginnt.

Wenn ihr unter 18 Jahren (nicht volljährig) seid, müssen eure Eltern für euch zustimmen (beide Elternteile; es gibt Ausnahmen bei getrenntem Sorgerecht oder einem Vormund. In dem Fall fragt das Unternehmen oder die IHK, welche Schritte ihr machen müsst).

Damit die Regelungen für beide Vertragspartner klar sind, müssen die wichtigsten Vertragsinhalte schriftlich festgehalten und von Euch oder Euren Eltern und einem Vertreter des Ausbildungsbetriebs unterschrieben werden. Das heißt: Eine E-Mail ist hier kein gültiges Dokument.

Was muss im Ausbildungsvertrag stehen?

Was mindestens* im Ausbildungsvertrag stehen muss, steht in §11 Berufsbildungsgesetz (BBiG). Im Vertrag wird also festgehalten:

  • Die Bezeichnung des Ausbildungsberufs
  • inhaltliche und zeitliche Gliederung der Berufsausbildung
  • Beginn und Dauer der Berufsausbildung
  • Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte (z.B. Aufenthalte in einem anderen Werk; zum Beispiel beim Chemikanten im Verbund)
  • Dauer der regelmäßigen täglichen Ausbildungszeit
  • Dauer der Probezeit
  • Zahlung und Höhe der Ausbildungsvergütung
  • Dauer des Urlaubs
  • Voraussetzungen, unter denen der Ausbildungsvertrag gekündigt werden kann
  • Hinweis auf die geltenden Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen (zum Beispiel der Chemie-Tarifvertrag)
  • Form des Ausbildungsnachweises

*Wie gesagt: das sind nur Mindestbedingungen. Wenn mehr drin steht, ist das nicht schlimm, sondern hängt einfach mit den Musterverträgen des Unternehmens zusammen.

Chemie-Tarifvertrag

Für Chemie-Azubis ist der Chemie-Tarifvertrag auch wichtig. Er gilt für 580.000 Beschäftigte in 1.900 Unternehmen in der Chemiebranche. Zum Beispiel für die Unternehmen, über die wir im ChemieAzubi bloggen. Im Tarifvertrag steht zum Beispiel, wie hoch die Ausbildungsvergütung ist. Mehr über den aktuellen Chemie-Tarifvertrag erfahrt ihr hier im Blog. 

Was darf nicht im Vertrag stehen? Welche Regelungen sind nichtig?

Was nicht in deinen Ausbildungsvertrag gehört, steht ebenfalls im Berufsbildungsgesetz – und zwar in §12. Folgende Klauseln im Vertrag sind nichtig:

  • Der Betrieb schreibt euch vor, dass ihr auch nach der Ausbildung noch dort arbeiten müsst? Ihr könnt nach eurem Abschluss gehen, wenn ihr nicht in dem Betrieb bleiben möchtet. Es gibt Ausnahmen: Möglich sind Vereinbarung innerhalb der letzten sechs Monate, die durchaus auch im beiderseitigen Interesse sein können. In der Regel wollen die ChemieAzubis aber im Betrieb bleiben: die Übernahmequote liegt bei über 90%.
  • Euer Arbeitgeber möchte euch verbieten, euren erlernten Beruf nach der Ausbildung in einem Konkurrenzunternehmen auszuüben.
  • Er verlangt von euch eine Zahlung für Ausbildungskosten, also ein Lehrgeld.
  • Euer Arbeitgeber möchte euch zur Zahlung von Vertragsstrafen verpflichten– beispielsweise, wenn ihr die Ausbildung doch nicht antretet.
  • Er will euch Weiterbildungen aufzwingen, die ihr selbst zahlen sollt.
  • Euer Anspruch auf Schadenersatz darf nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden.
  • Euer Arbeitgeber bietet euch Vergünstigungen für bestimmte Leistungen an. Beispiel: Man will, dass ihr selbstständig Kunden besucht – und zahlt euch deshalb den Führerschein. Dafür sollt ihr euch aber verpflichten, nach der Ausbildung noch weiter im Betrieb zu arbeiten – oder die Kosten für den Führerschein zurückzahlen. Das ist eine nichtige Klausel.

Ordentliche Verträge kündigen

All die oben genannten Klauseln sind nichtig, beinhalten also keine Verpflichtungen für euch: Ihr müsst sie nicht erfüllen. Was aber, wenn euer Vertrag total in Ordnung ist – ihr aber trotzdem raus wollt, weil ihr euch im Betrieb zum Beispiel nicht wohlfühlt? Azubis können das Ausbildungsverhältnis auch außerhalb der Probezeit gemäß BBiG mit einer vierwöchigen Frist beenden. Wichtig ist, dass Ihr die Kündigung unterschreibt und die Gründe (Aufgabe der Berufsausbildung oder Ausbildung für eine andere Berufstätigkeit) für die Kündigung angebt. Wenn ihr noch minderjährig seid, müssen Eure Eltern die Kündigung für Euch unterschreiben!

Im Gegensatz dazu kann euch euer Ausbildungsbetrieb nicht einfach kündigen: Nach der Probezeit genießt ihr einen besonderen Schutz. Euer Arbeitgeber muss euch bis zum Abschluss eurer Ausbildung beschäftigen. Es sei denn, er hat einen wichtigen Grund für eine Kündigung – dann kann er euch sogar fristlos rausschmeißen. Beispiel: ihr habt mehrfach unentschuldigt gefehlt oder die Arbeit verweigert. Vor der fristlosen Kündigung kriegt ihr meist eine Abmahnung: Sie ist eure letzte Warnung, dass ihr kurz vor dem Rausschmiss steht. Habt ihr ganz großen Mist gebaut, müsst ihr nicht abgemahnt werden – dann kann euch das Unternehmen von heute auf morgen vor die Tür setzen.

Sollte es tatsächlich zu einer Kündigung durch euren Ausbildungsbetrieb kommen oder streitet ihr euch mit eurem Ausbildungsbetrieb nachhaltig, so kommt es vor einem etwaigen Gerichtsverfahren zu einem Verfahren vor einem sogenannten Schlichtungsausschuss, wenn die für euch zuständige IHK diesen eingerichtet hat.

Haftungsausschluss: Wir können keine Rechtsberatung geben. Dieser Artikel ist nur eine allgemeine Übersicht.

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