“Nicht immer für die gleichen, bekannten Berufe bewerben“

Kategorie: Ausbildung, Stories, Rheinland-Pfalz, Chemikant (m/w/d), Elektroniker (m/w/d) für Automatisierungstechnik (HWK), Elektroniker (m/w/d) für Betriebstechnik, Mechatroniker (m/w/d), Elektroingenieurwesen, bzw. –technik, Project Engineering (Mechatronik)

Jetzt schon kann man sich für 2016 auf einen Ausbildungsplatz bewerben. Wieder wollen die meisten in die kaufmännischen Berufe gehen. In Rheinland-Pfalz gibt es aber eine starke Chemieindustrie – und das zeigt sich auch beim Angebot an Ausbildungsberufen. Der Vorteil dieser Berufe ist nicht nur die gute Ausbildungsvergütung. Für die Unentschlossenen unter Ihnen haben wir Anne Grubb um Rat gefragt. Sie arbeitet bei der Berufsberatung in Ludwigshafen (BIZ) und sprach mit dem Chemie-Azubi über die richtige Berufswahl und die Erwartungen der Wirtschaft.

Anne Grubb berät Jugendliche in der Berufsberatung der Agentur für Arbeit Ludwigshafen (Foto: Arbeitsagentur).

Anne Grubb berät Jugendliche in der Berufsberatung der Agentur für Arbeit Ludwigshafen (Foto: Arbeitsagentur).

Der Ausbildungsstellenmarkt im Juli 2015 in Rheinland-Pfalz (Quelle: Bundesagentur für Arbeit).

Der Ausbildungsstellenmarkt im Juli 2015 in Rheinland-Pfalz (Quelle: Bundesagentur für Arbeit).

Vielen Dank, Frau Grubb, dass Sie sich die Zeit nehmen, unsere Fragen zu beantworten. Die Bewerbungsphase für nächstes Jahr ist angelaufen. Sind die beliebtesten Ausbildungsberufe in Rheinland-Pfalz dieselben wie im bundesweiten Durchschnitt?

"Ja, wie die Grafik zeigt (Chemie-Azubi: siehe unten unter dem Interview), sieht es in Rheinland-Pfalz ähnlich aus: Die Ausbildung zum Verkäufer steht an erster Stelle, gefolgt von der Ausbildung der Kaufleute im Büromanagement und Einzelhandel. An fünfter Stelle kommt erst die Lieblingsausbildung der männlichen Bewerber: Kfz-Mechatroniker PKW-Technik. Der Chemikant erscheint nicht unter den Top 10 der gewünschten Ausbildungsplätze in Rheinland-Pfalz. Anders in der Chemie-Stadt Ludwigshafen: Hier liegt der Beruf auf Platz 6, bei den männlichen Bewerbern sogar auf Platz 2."

Was macht diese Ausbildungsberufe so begehrt?

"Jugendliche bewerben sich gerne für Berufe, die sie zu kennen glauben. Wie es aber in einem Chemie-Unternehmen aussieht, was Chemikanten oder Chemielaboranten genau machen, wissen viele nicht. Mehr Informationen über Ausbildungsberufe sind sehr wichtig. Deshalb gehen die Berufsberater mit Schulklassen in unser Berufsinformationszentrum (BIZ). Jugendliche sollen sich über verschiedene Ausbildungen informieren. Ziel ist, dass sie sich nicht immer für die gleichen, bekannten Berufe bewerben. Hier können Ausbildungsbetriebe einen Beitrag leisten, indem sie für weniger bekannte Ausbildungsberufe werben und Praktikumsstellen anbieten."

In welchem Berufen haben Bewerber zurzeit besonders gute Chancen?

"Einen besonderen Nachwuchsbedarf gibt es im Bereich Mechatronik, Automatisierungstechnik und Elektrotechnik. Im chemischen Bereich insbesondere an Chemikanten. Die Ausbildungsstellen für Chemikanten können auch besetzt werden, es wird jedoch schwierig für die Unternehmen."

Die chemische Industrie bietet auch kaufmännische Tätigkeiten. Junge Frauen entscheiden sich meist für diesen Bereich. Die bereits angesprochenen Berufe in der Chemie-Branche sind aber klassischerweise männlich besetzt. Was könnte Bewerberinnen für diese Berufe begeistern?

"Die Arbeitsagenturen und Unternehmen organisieren Aktionen wie Girls‘ Day, Girls‘ Week und Girls‘ Club, um bei Mädchen Interesse für die Berufe zu wecken. Eine der größten Barrieren für Mädchen und Frauen, die gerne eine Ausbildung in einem von Männern dominierten Beruf absolvieren möchten, ist die Angst, nicht akzeptiert und wertgeschätzt zu werden. Oft glauben sie auch, keine Chance zu haben, einen Ausbildungspatz zu bekommen. Dabei ist das Gegenteil der Fall - Frauen haben bei Bewerbungen in Männerberufen richtig gute Karten."

"Auf Arbeitgeberseite hat ein Umdenken begonnen und die Rahmenbedingen für weibliche Auszubildende werden stetig besser. Immer mehr Unternehmen achten darauf, dass Frauen von Ausbildern und Kollegen mit Respekt behandelt werden und achten auf familienfreundliche Arbeitsbedingungen und gut sitzende Arbeitskleidung."

Welche Tipps geben Sie interessierten Bewerbern für die Berufs- und Unternehmenswahl, die Vorbereitung und die Bewerbung?

"Das Wichtigste ist, sich rechtzeitig mit der Berufswahl zu beschäftigen. Dazu gibt es zwei zentrale Fragen: Was will ich? Was kann ich?"

"Dann haben die Jugendlichen genügend Zeit, sich über Berufsbilder zu informieren. Sie kennen die Vorsetzungen, können darauf reagieren, sich vorbereiten und vieles in Praktika ausprobieren. Jugendlichen, die keine Vorstellung haben, wo ihre Talente liegen, bieten wir die Möglichkeit, bei den Arbeitsagenturen einen Berufswahltest durchzuführen."

"In Beratungsgesprächen in der Agentur für Arbeit oder in den Schulen können wir gemeinsam mit den Jugendlichen herausfinden, welche Berufe für sie geeignet sind. Für eine erfolgreiche Bewerbung braucht der Jugendliche gute Bewerbungsunterlagen. Sie sollten fehlerfrei sein und der Norm entsprechen, aber Interesse und Persönlichkeit der Bewerber widerspiegeln."

"Viele Unternehmen der Chemie-Branche arbeiten mit Auswahltests. Diese kann und sollte man im Vorfeld üben. Hierzu bietet die Agentur für Arbeit ein Arbeitsheft für Jugendliche mit Orientierungshilfe an: Auswahltests –Training, Tipps und Taktik."

Frau Grubb und der Chemie-Azubi wünschen allen Bewerbern viel Erfolg!

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